MARTIN FORTER - GEOGRAF UND ALTLASTENEXPERTE
+++ 30. Oktober 2016 +++
Der Kanton Basel-Landschaft verwässere beim Brandplatz Schweizerhalle die Sanierungsziele von 1989, da sie mit den von MBT Umwelttechnik durchgeführten Sanierungsarbeiten nie erreicht worden seien. Diesen Vorwurf wies Alberto Isenburg, Chef des Amts für Umweltschutz des Kantons Basel Land 2011 weit von sich: Sie müssten sich nicht an die damaligen Abmachungen, sondern «an die aktuellen Gesetze halten». Weil die seit 1998 gültige Altlastenverordnung keinen Grenzwert für das Pestizid Oxadixyl enthalte, hätten sie einen Solchen festlegen müssen, rechtfertigte sich Isenburg gegenüber der Basellandschaftlichen Zeitung.
Isenburgs damalige Aussage aber war falsch, wie Recherchen des Basler Altlastenexperten Dr. Martin Forter zeigen. Denn 2011 hat bereits ein Grenzwert gemäss Altlastenverordnung für Oxadixyl existiert. Er stammt aus der Fremd- und Inhaltsstoffverodnung (FIV) und betrug wie für alle Pestizide 0.1 Mikrogramm pro Liter Grundwasser (µg/l), wie Unterlagen des Bundesamts für Umwelt (BAFU) von 2002 und von Chloronet 2009 bestätigen. Dieser Grenzwert entsprach zudem jenem Limit, das Sandoz 1989 mit dem Kanton vereinbart hatte. Er bildete eines von zwei Sanierungszielen, die nie eingehalten wurden. Exakt dieses Sanierungsziel allerdings hatten die Behörden im Baselbiet «vergessen». Erstaunlicherweise bestreiten sie zudem, dass es dieses Sanierungsziel gegeben habe.
Da der Brandplatz Schweizerhalle in einer Grundwasserschutzzone liegt, müssen gemäss Altlastenverordnung der alte Grenzwert von 2002 von 0.1 µg/l und der neue Grenzwert von 4 Milligramm pro Liter 2011 halbiert werden. Überschreitet die gemessene Schadstoffkonzentration im Grundwasser am Rande der Deponie diesen halben Grenzwert so muss die Altlast saniert werden. Dies gilt seit 1998 eigentlich auch für den Brandplatz in Schweizerhalle, wo 30 Jahre nach dem Inferno von 1986 bei der Sandoz AG noch immer eine Deponie mit Brandchemikalien das Grundwasser stärker verschmutzt, als es die ursprünglich vereinbarten Sanierungsziele zulassen. Das gefährdet auch heute noch das Trinkwasser in den benachbarten Fassungen insbesondere der Gemeinde Muttenz aber auch der Hardwasser AG, woher über 230'000 Menschen ihr Trinkwasser beziehen.
Die 2011 im Grundwasser bei der Schweizerhalle-Deponie gemessene Konzentration betrug 8 µg/l. Sie war somit 160 Mal höher als der alte halbe Grenzwert erlaubt. Das verwandelte der Neue, 40'000 Mal höhere Grenzwert von zwei Milligramm pro Liter in das Gegenteil: Jetzt lag die gemessene Konzentration plötzlich 250 Mal tiefer als zugelassen. Ein ähnliches Bild bietet sich auch 2015: Der alte Grenzwert ist 26 bis 134 Mal überschritten, der Neue aber rund 299 bis 1’538 unterschritten.
Wie ist das möglich? Christoph Munz hatte für die Sandoz-Tochter MBT Umwelttechnik AG u.a. die Sanierungsarbeiten teilweise geplant und durchgeführt. 25 Jahre später schreibt er im Auftrag des Bundesamts für Umwelt (BAFU) als Co-Autor eine neue Wegleitung. Sie bildet die Grundlage für den neuen, viel höheren Grenzwert von 2011, der die von der MBT Umwelttechnik verpatzte Brandplatzsanierung im Nachhinein legalisiert.
MBT Umwelttechnik führte die Aufräumarbeiten damals in erster Linie nach den Vorstellungen ihrer Muttergesellschaft Sandoz AG durch: «Auf Behördenseite werden wir den Eindruck nicht los, dass MBT [Umwelttechnik] mit allen möglichen Mitteln versucht, das Ergebnis (...) so zurechtzubiegen, dass hinsichtlich Sanierung und Sanierungsaufwand keine neue Situation geschaffen» werde, ist z.B. in einem Protokoll von 1990 zu Lesen. Die Behörde beschuldigt MBT gar der «Manipulation».1 Zudem seien die Entnahme von Proben in gewissen Bereichen der schon längst zugeschütteten Brandplatz-Grube ungenügend gewesen, ist an anderer Stelle zu lesen. Wie «die Modellrechnungen» zeigten, antwortete Christoph Munz von MBT Umwelttechnik den Behörden, habe man «in gewissem Umfang» weniger Schadstoffe ausgraben können, «ohne das Sanierungsziel Grundwasserschutz» aufzuweichen. «Ebenso», so Munz weiter sollte damit «der bautechnische und somit finanzielle Aufwand in einem vertretbaren Rahmen» bleiben.2
Heute ist klar: MBT Umwelttechnik hat damals zu viele Schadstoffe im Boden belassen. Noch heute gelangt gemäss Angaben von Clariant eine sechs Mal grössere Menge des Pestizids Oxadixyl von der Brandplatz-Deponie ins Grundwasser als 1989 vereinbart. Auch die Vorgabe, dass im Grundwasser auf dem Fabrikgelände die Konzentration von Oxadixyl spätestens nach 20 Jahren unter dem FIV-Grenzwert von 0.1 µg/l liegen müsse , wurde nie erreicht.
Christoph Munz war wie erwähnt an der verpatzten Brandplatz-Sanierung beteiligt. Bei der Fusion der Sandoz AG und der Ciba-Geigy AG zur Novartis AG übernahm u. a. Munz per Managementbuyout 1995 die Sandoz-Tochter MBT-Umwelttechnik und führte sie als Mitbesitzer unter dem Namen BMG AG3 weiter. BMG und somit auch Munz erhielten von den Basler Chemie- und Pharmafirmen immer wieder den Auftrag, ihre Chemiemülldeponien und Altlasten auf den Fabrikgeländen zu untersuchen und zu bearbeiten. Dabei gerieten die Arbeiten vom BMG immer wieder in die Kritik.
Es war u.a. dieser Christoph Munz von BMG, der für das Bundesamt für Umwelt (BAFU) eine neue Wegleitung zur Herleitung von Grenzwerten bei Altlasten verfasste. Sie wurde 2013 publiziert. Dabei hatte BMG den bisherigen Grenzwert für Pestizide aus der FIV von 0.1 µg/l im Grundwasser bei Altlasten für ungültig erklärt. Munz und sein BMG-Co-Autor begründen dies so: «Bei den Trinkwasserwerten» handle es sich «immer um Vorsorgewerte. (...) Bis zu einem gewissen Grad» würden «bei solchen Vorsorgewerten auch vermutete schädliche Langzeitwirkungen mitberücksichtigt, deren Einfluss auf die menschliche Gesundheit noch nicht wissenschaftlich nachgewiesen» sei. «Demgegenüber» würden Grenzwerte für das Grundwasser bei Altlasten «immer auf erhärteten, wissenschaftlich belegten Fakten» basieren. Sie seien «deshalb tendenziell höher als die vorsorgeorientierten Trinkwasserwerte», schreiben die Autoren Munz und sein BMG-Kollege.4 Tendenziell höher aber ist beschönigend, schnellt doch der Grenzwert für Oxadixyl deshalb 40'000-fach in die Höhe. Dieses Abwenden von der Gesundheitsvorsorge hat gerade auch bei der «Schweizerhalle»-Deponie negative Folgen. Denn die nächste Trinkwasserfassung liegt nur 220 Meter entfernt. Solch schädliche Auswirkungen für das Trinkwasser in Kauf zu nehmen – dazu war die Basler Industrie schon zuvor bereit.
Die Grenz- und Toleranzwerte der FIV waren ihr schon lange ein Dorn im Auge: Schon 1989 forderte die Firma Sandoz bzw. ihre damalige Tochtergesellschaft MBT Umwelttechnik – die spätere BMG AG – von den Behörden des Kantons Basel-Landschaft eine Bewilligung, dass sie im Trinkwasser neben dem Brandplatz mehr Pestizide zulassen als gesetzlich erlaubt ist. Es ging ihnen dabei um teils sehr giftige Phosphorsäureester-Insektizide wie z.B. Disulfoton, Etrimphos, Thimeton und Parathion sowie um das Fungizid Oxadixyl5. Nach dem Grossbrand bei Sandoz am 1. November 1986 waren es vor allem diese Pestizide, die den Brandplatz massiv verschmutzten und das Trinkwasser in der benachbarten Muttenzer Hard gefährdeten. Sandoz und die spätere BMG AG aber wollten den Brandplatz so wenig aufräumen wie möglich. Sie liessen deshalb im September 1989 gegenüber den Behörden verlauten, der Toleranzwert pro Pestizid von 0,1 µg/l für Trinkwasser der FIV seien «willkürlich» festgelegt. Die Behörden hätten ihn mit dem Ziel fixiert, «dass Pestizide generell nicht ins Trinkwasser gehören», anstatt von «toxikologischen Überlegungen» auszugehen. Da die Grenzwerte nach Ansicht der Industrie «nicht primär zur Abwendung einer direkten Gesundheitsgefährdung» festgesetzt worden seien, könne «in Absprache mit den Behörden» ihre Überschreitung «durchaus vernünftig sein», solange dies «keine gesundheitliche Gefährdung» zur Folge habe, so u.a. die MBT Umwelttechnik im September 1989. Die Behörden des Kantons Basel-Landschaft wiesen dieses Ansinnen damals zurück.
Mit derselben Begründung aber gelingt es der BMG AG bei den Deponien die Pestizid-Grenzwerte der FIV über Bord zu werfen und so die misslungene Sanierung des Brandplatzes Schweizerhalle zu legalisieren. Erstaunlich ist dabei: Das BAFU veröffentlichte die neue Wegleitung erst 2013. Im Baselbiet aber lag sie schon 2011 vor wie die Zeitung «Schweiz am Sonntag» heute berichtet. Dies spricht für ein intensives Lobbying, worauf das Baselbieter Umweltamt und das BAFU eingeknickt zu sein scheinen – auf Kosten der Trinkwassersicherheit in der ganzen Schweiz.
Martin Forter
--------------[1] Basel-Landschaft, Amt für Umweltschutz und Energie, Bendicht Hurni: Aktennotiz zum 10. Sabo (Sandoz-Boden)-Fachgespräch v. 6.11.1990 u. 12.11.1990, Liestal, 19.11.1990, S. 1f.
[2] Elektrowatt Ingenieurunternehmungen AG: Aktennotiz Nr. 62, betrifft: Sandoz AG, Werk Muttenz, Projekt Sabo (Sandoz-Boden), Bodensanierung, Informationssitzung AUE Kt. Baselland v. 18.5.1989, S. 8.
[3] BMG bedeutet André Bachmann, Christoph Munz, René Gälli. Die BMG AG wurde 2012 von der Arkadis-Gruppe übernommen (BMG: Geschichte, abrufbar unter: http://www.bmgeng.ch/index.php?p=2c&l=de [eingesehen 28.10.2016]).
[4] BMG AG, Christoph Munz u. Christian Niederer: Herleitung von Konzentrationswerten und Feststoff-Grenzwerten, begleitet und herausgegeben vom Bundesamt für Umwelt (BAFU), Vollzugshilfe zur Altlasten-Verordnung (AltlV) und zur Technischen Verordnung über Abfälle (TVA), Bern, 2013, S. 14.
[5] Sandoz AG, Sparte Agro, Produktion, P. Gagnaux, H.P. Schelling an Kantonschemiker Strauss, Liestal: Schreiben betr. Grossbrand Schweizerhalle vom 1.11.2011, Basel, 17.11.1986, Anhang Schadenmeldung Bau 956 (= Lagerliste der abgebrannten Halle) v. 17.11.1986.
+++ 16. April 2014 +++
Seit über einem halben Jahr stehen die Arbeiten zum Aushub des Lindanabfalls in Huningue (F) still. Der Basler Altlastenspezialist Martin Forter hatte nachgewiesen, dass Novartis bzw. Sita Remidiation mit den dilettantisch organisierten Grabungen die Stadt Basel mit giftigem Lindanabfall-Staub kontaminieren. Darauf stoppte Novartis die Arbeiten. Seitdem geht nichts mehr: «Sita baut die Maschinen ab», sagt eine Person aus dem Umfeld von Novartis. Letzteres ist auch via Webcam des Konzerns zu sehen: Auf dem Bild von gestern fehlen zahlreiche Förderbänder und Maschinen, die auf der Aufnahme vom 26. Oktober 2013 noch zu sehen sind.
Es war notwendig und konsequent, dass Novartis vor sechs Monaten die schlecht und gefährlich organisieren Aushubarbeiten gestoppt hat. Doch anstatt mit neuem Sicherheitskonzept später die Aushubarbeiten wieder aufzunehmen, verkommt der Baustopp nun zum langfristigen Provisorium. Das ist risikoreich. Denn: Je länger die Billigzelte über den geöffneten Giftgruben mit Lindanabfall stehen, desto eher weht sie ein Sturm weg. Das wäre gefährlich. Dann würde der Wind direkt in den Giftstaub blasen und ihn noch viel stärker über Basel bzw. die Gemeinde Huningue tragen als schon geschehen.
Zudem besteht das Risiko, dass z. B. Regenwasser die offenen Giftmulden flutet. Dies würde das Grundwasser verschmutzen und könnte den Rhein verunreinigen.
«Ob verwehte Zelte oder Wasser, das in die Giftgruben läuft: Beides gilt es zu verhindern. Deshalb fordere ich Novartis auf, die Aushubarbeiten in Huningue schleunigst auf höherem Sicherheitsniveau wieder aufzunehmen», verlangt Forter. Novartis habe ein halbes Jahr Zeit gehabt, neu und sicherer zu planen. «Es ist eigentlich keine besondere Kunst, eine solche Giftgrube sauber und ohne Giftstaubwolken auszuheben. Dass auch Novartis das kann, soll sie endlich beweisen – und damit die von den Billigzelten ausgehenden Gefahren von der Bevölkerung schleunigst abwenden.»
Die Industrie hat gemäss Forter aus dem Sanierungsdebakel in Huningue keine Lehren gezogen. Dies zeige das Konzept zur Teilsanierung der Chemiemülldeponie Feldreben in Muttenz (BL) u.a. von Novartis, BASF und Syngenta: «Bezüglich Sicherheit und Arbeitshygiene ist das Feldreben-Projekt auf ähnlich schlechtem Niveau wie das für den Lindanabfall von Novartis und Sita in Huningue es war. Die Stellungsnahme des Amts für Umweltschutz des Kantons Basel-Landschaft von heute betreffend Muttenz bestätigt dies», betont Forter.
+++ 25. September 2013 +++
HCH gilt als Bienen-, Vogel- und Fischgift.
HCH und auch das Insektizid Lindan sind in den Industrieländern seit langem verboten
«Es ist ein Skandal, dass es von demselben Gelände in Hunigue erneut zu einer Kontamination der Region mit Lindan und Lindanabfall kommt», sagt auch Martin Schüpbach.
Martin Forter
+++ 16. September 2013 +++
Martin Forter
+++ 5. September 2013 +++
Martin Forter
+++ 2. Mai 2017 +++
HCH gilt als Bienen-, Vogel- und Fischgift.
HCH und auch das Insektizid Lindan sind in den Industrieländern seit langem verboten
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+++ 9. März 2017 +++
Die Sanierungsarbeiten haben diese Woche begonnen. Pingwin Planet und der Altlastenexperte Dr. Martin Forter verlangen einen sofortigen Baustopp. Sie erachten den Schutz der ArbeiterInnen und der Umwelt als ungenügend. Die Sicherheitsmass- nahmen werden den Risiken des Lindan-Abfalls nicht gerecht. Die Gefahr von giftigen Staubemissionen ist sehr gross. Dies insbesondere auch angesichts der momentanen Wetterbedingungen mit Niederschlag und Sturm. Diese Arbeiten bei solchem Wetter durchzuführen, stellt eine erhöhte Gefährdung für die AnwohnerInnen und die Umwelt dar.
750 Gramm hochgiftiges Hexachlorcycohexan (HCH) pro Kilogramm: Solch extrem gefährliches Material liegt auf einem Feldweg in Hagenthal-le-Bas. Dies haben Pingwin Planet und der Basler Altlastenspezialist Dr. Martin Forter 2011 bekannt gemacht. Erst jetzt, sechs Jahre später, ringt sich die Préfecture endlich durch, in Hagenthal-le-Bas wenigstens dieses Gift teilweise zu entfernen. Dies allerdings ohne schützendes Zelt. Damit nimmt die Préfecture in Kauf, dass beim Baggern giftiger Lindan-Abfall-Staub in die Umwelt gelangt. Zudem werden die Arbeiter gefährdet, die nur mit Gasmasken anstatt mit speziellen Schutzanzügen und Flaschenluft aus- gestattet sind. Doch auch bei diesem Feldweg will die Préfecture nicht alles wegräumen: Wie bei den anderen Feldwegen und Picknick-Plätzen in Hagenthal-le-Bas und Hagenthal-le-Haut soll das Gift bleiben und mit Beton überzogen werden, so z.B. auch am Waldrand beim Rosshimmel, einem beliebten Picknick-Platz oberhalb von Hagenthal-le-Haut.
Pingwin Planet und Dr. Martin Forter sind über das Vorgehen der Préfecture empört. Seit 45 Jahren verschmutzt der Lindan-Abfall das Lörx- bachtal schleichend. Anstatt das Giftproblem nun wirklich zu lösen, verlagert es die Behörde mit dem blossen Zubetonieren auf zukünftige Generationen. Denn: Beton kann Lindan-Abfall nicht langfristig binden.
Seit Beginn der 1970er-Jahre liegt Kies auf Feldwegen in Hagenthal-le-Bas und Hagenthal-le-Haut, der mit Lindan-Abfall kontaminiert ist. Er stammt vom Fabrikgelände des ehemaligen Lindan-Produzenten Ugine Kuhlmann in Huningue. Das dortige Fabrikgelände (ARA STEIH) in Hu- ningue wird seit 2013 von Novartis saniert. Dabei entwich zu Beginn so viel Lindan-Abfall-Staub, dass Novartis die Arbeiten abrechen musste. Trotz der schlechten Erfahrungen in Huningue will die Préfecture in Hagenthal-le-Bas ohne Zelt arbeiten. Das ist unverständlich.
Es ist höchste Zeit, die Hagenthaler Bevölkerung endlich zu schützen. Deshalb fordern Pingwin Planet und Forter die französischen Behörden und den zumindest ethisch verantwortlichen Rohstoffkonzern Rio Tinto ultimativ auf, das Gift innerhalb eines Monats zu entfernen.
Video Sperrung HCH-Feldweg durch Pingwin Planet
29.11.2011 - Hagenthal:Chemiemüll unter freiem Himmel gefunden
03.12 2011 - Gift auf Feldwegen in Hagenthal: Gemeinden fordern Dekontamination
22.12.2011 - Hagenthal: Noch mehr Gift auf Feldwegen
18.07.2012 - Novartis und Roche räumen auf, BASF spielt auf Zeit – und zieht schrittweise ab
23.09.2012 - HCH in Hagenthal: Feldweg gesperrt und Studien beauftragt
15.05.2013 - Spazieren auf Chemiemüll – in Hagenthal wieder möglich
Bis zu 750 Gramm hochgiftiges Hexachlorcyclohexan (HCH) aus der Produktion des verbotenen Insektizids Lindan bei Ugine-Kuhlmann in Huningue (F) pro Kilo haben Pingwin Planet und Dr. Martin Forter auf einem Feldweg in Hagenthal-le-Bas (F) nachgewiesen. Dies haben sie im November 2011 publik gemacht und verlangt, dass der Chemiemüll unter freiem Himmel schnellstens fachgerecht beseitigt wird. Doch anstatt das auch für Kinder aus den Nachbarhäusern frei zugängliche Gift zu entfernen, sperrten die französischen Behörden den Feldweg nur mit Bauabschrankungen ab.
Nun, ein weites halbes Jahr später aber zeigt ein Kontrollgang: Jemand hat – von den Behörden unbemerkt – die Absperrungen wieder geöffnet. Die seitlichen Bauabschrankungen führen nun Spaziergänger, Hunde und Pferde auf dem Feldweg im Gänsemarsch präzise über den Chemiemüll. Ohne es zu wissen verschleppen sie so mit Schuhen, Pfoten und Hufen das hochgefährliche Gift in ihre Wohnungen und in die Ställe. Dies zeigt: Chemiemüll auf Feldwegen lässt sich nicht absperren. Es gibt nur eine Möglichkeit, die Menschen und die Umwelt zu schützen: Der Dreck muss weg – und zwar sofort.
Pingwin Planet und Dr. Martin Forter fordern die französischen Behörden sowie den moralisch für den Sondermüll verantwortlichen Rohstoffkonzern Rio Tinto auf, zu handeln und endlich die Bevölkerung von Hagenthal zu schützen.
Pingwin und Forter verlangen:
29.11.2011 - Hagenthal:Chemiemüll unter freiem Himmel gefunden
03.12 2011 - Gift auf Feldwegen in Hagenthal: Gemeinden fordern Dekontamination
22.12.2011 - Hagenthal: Noch mehr Gift auf Feldwegen
18.07.2012 - Novartis und Roche räumen auf, BASF spielt auf Zeit – und zieht schrittweise ab
23.09.2012 - HCH in Hagenthal: Feldweg gesperrt und Studien beauftragt
+++ 14. Juli 2016 +++
Die Sondermülldeponie Kölliken im Aargau ist leer geräumt. Das Gift, das in der Deponie Pont Rouge in Monthey im Wallis lag, ist ausgegraben. Die Chemiemülldeponie Bonfol im Jura ist fast fertig ausgehoben. Was um das Jahr 2000 begann ist nächstens abgeschlossen: In der ganzen Schweiz liessen die Kantone die giftige Hinterlassenschaft der Basler Chemie aus dem Boden holen. Überall? Nein, im Kanton Basel-Landschaft nicht. Hier geschah trotz der Gefahr für das Trinkwasser von 230'000 Menschen in der Stadt und Agglomeration Basel nichts: Kein Gramm Gift wurde bisher ausgegraben. Noch immer liegt der gefährliche Chemiemüll der Vorgängerkonzerne von Novartis, Syngenta und BASF in den ehemaligen Kiesgruben Feldreben, Rothausstrasse und Margelacker. Warum das so ist zeigte sich kürzlich erneut bei der Chemiemülldeponie Rothausstrasse. Wie in allen Deponien der Basler Chemie ist auch dort eine enorme Schadstoffvielfalt anzutreffen. Es sind hunderte von chemischen Stoffen, die bei den Untersuchungen dieser Deponien zum Vorschein kommen.1 Diesem breiten Substanzfächer haben sich – wie eingangs erwähnt – die Behörden im Aargau, im Jura sowie im Wallis gestellt und den Giftmüll herausgeholt.
Im Baselbiet aber bieten die Behörden Hand, die enorme Schadstoffvielfalt mit fragwürdigen Mitteln zu verschleiern. So steht etwa im neuen Bericht zur Rothausstrasse: «Es wurden bislang etwa 185 Einzelsubstanzen identifiziert. Um die Menge der Daten auf ein überschaubares Mass zu reduzieren», streichen das Ingenieurbüro Gruner, der Kanton und die Industrie auch bei der Rothausstrasse den grössten Teil der gefundene Schadstoffe mit meist fadenscheinigen Argumenten weg. Dieses Schadstoff-Streichkonzert nennen sie schönfärberisch «Verdichtung der Screening-Ergebnisse». Am Ende dieser fragwürdigen Reduktion bleiben fünf Substanzen. Nur sie sollen die nächsten Jahre zusätzlich detaillierter untersucht werden, wie der Kanton kürzlich verlauten liess. Peinlich nur: Vor 10 Jahren hat der gleiche Kanton bei derselben Deponie genau diese fünf Substanzen als irrelevant erklärt und weggestrichen, als sie 2004 bzw. 2006 nachgewiesen worden sind.
Unter den damals weggelassenen Substanzen ist auch das hoch gefährliche 4-Chlor-2-methylanilin: Weil der Stoff mit Blasenkrebs in Verbindung steht, bezahlt Syngenta im Wallis und in den USA Entschädigungen an ehemalige Chemiearbeiter. 4-Chlor-2-methylanilin taucht bei den meisten Chemiemülldeponien der Basler Chemie auf: in Monthey im Wallis, bei den Deponien Roemisloch sowie Le Letten im Elsass und in Bonfol im Jura. Roemisloch, Le Letten und Bonfol sind die drei Nachfolgedeponien der Chemiemülldeponien Feldrebengrube und Rothausstrasse in Muttenz. Dass die gefährliche Substanz 4-Chlor-2-methylanilin auch in diesen beiden Baselbieter Deponien vorkommt, liegt somit auf der Hand. Dies zeigen auch eine von Ciba SC (heute BASF), Novartis und Syngenta 2003 erstellte, firmeninterne Substanzliste zu den Muttenzer Deponien und verschiedene firmeninternen Dokumente. Trotzdem haben Basel-Land und die beteiligten Konzerne die Substanz weder bei der Feldrebengrube noch bei der Rothausstrasse mittels Einzelstoffanalysen gesucht. Dies, obwohl die 2006 bei der Rothausstrasse mittels Screening ermittelte Konzentration den Grenzwert um das drei bis 17-fache überschritt, den die Industrie in Monthey (VS) errechnet hatte.
Nicht vorgesehen war wohl, dass bei den kürzlich erneut durchgeführten Screenings 4-Chlor-2-methylanilin wiederum in Grundwasserproben auftaucht. Zudem überschritt die gemessene Konzentration sogar den jetzt gültigen, viel höheren Grenzwert noch immer bis zu fünf Mal. Das sei auch heute nicht von Bedeutung, lässt Rainer Bachmann vom Amt für Umweltschutz und Energie (AUE BL) auf Nachfrage der BZ Basel verlauten. Denn bei der Rothausstrasse seien nur Schadstoffe relevant, die im unteren Grundwasserstrom gefunden würden, «denn dieser wird genutzt». Dort aber sei 4-Chlor-2-methylanilin «nie festgestellt» worden, so Bachmann. Dazu ist festzuhalten:
Dazu ist es auch höchste Zeit. Denn Basel-Land hat bis heute nicht bedacht, dass sich mit der Analysemethode Screening der Blasenkrebs-Stoff 4-Chlor-2-methylanilin gar nicht von seiner viel weniger problematischen Schwestersubstanz (Isomer) 5-Chlor-2-methylanlinin unterscheiden lässt. Dazu müsste jede dieser zwei Substanzen zwingenden einzeln gesucht werden. Dies hielt die Allianz Deponien Muttenz (ADM) schon im März 2013 fest und kritisierte den Kanton für sein bisheriges Vorgehen. Jetzt zeigt sich: ohne Wirkung. Anlässlich der letzten Untersuchungen stützte sich das AUE BL bei der Chemiemülldeponie Rothaus betreffend 4-Chlor-2-methylanilin erneut allein auf Screenings ab. Übrigens: Dass dies nicht ausreicht, um die Substanz sicher festzustellen, hat auch Analysespezialist Professor Michael Oehme festgehalten. Tauchte der Name 4-Chlor-2-methylanilin in einem der neuen Analysebericht zur Rohhausstrasse auf, hat der mit der Qualitätssicherung beauftragte Oehme den Namen mit «or isomer» ergänzt und damit explizit festgehalten, diese Substanz sei nicht eindeutig identifiziert.
Das fragwürdige Vorgehen und das Nichthandeln des Kantons Basel-Land hat Konsequenzen: Der Chemiemüll gefährdet oder verschmutzt gar weiterhin das Trinkwasser von 230'000 Menschen. Dies aber scheint weder Sabine Pegoraro (FDP) als verantwortliche Baselbieter Baudirektorin noch die rot-grüne Baselstädtische Regierung zu kümmern. Letzteres erstaunt, sind es doch vor allem die rund 200'000 Einwohnerinnen und Einwohner des Kantons Basel-Stadt, die das Wasser aus der Muttenzer Hard täglich trinken.
Martin Forter
--------------1 vgl. Martin Forter: Falsches Spiel. Die Umweltsünden der Basler Chemie vor und nach «Schweizerhalle», Chronos-Verlag Zürich, 2010, S. 74-76.
2 Der Schweizerische Bundesrat: Verordnung über die Sanierung von belasteten Standorten (Altlasten-Verordnung, AltlV), vom 26.8.1998 (Stand am 1.3.2015), Art. 9 Schutz des Grundwassers, Abs. 2, a, b u. c, S. 4 u. 5.
+++ 16. August 2015 +++
Die Muttenzer Chemiemülldeponien Feldreben, Margelacker und Rothausstrasse sollen auf Kosten der Verursacher Novartis, Syngenta und Ciba (heute BASF) vollständig ausgehoben werden, um das Basler Trinkwasser zu schützen. Dies verlangten die Totalsanierungs- und Trinkwasserinitiativen der Grünen, über die die Baselbieter Stimmberechtigten 2010 abgestimmt haben. Nun zitiert die «Schweiz am Sonntag» aus internen Dokumenten zum damaligen Abstimmungskampf: Die Baselbieter Wirtschaftskammer habe damals über ein Budget von 1.35 Millionen Franken verfügt. Dies steht im Widerspruch zu Angaben, die Christoph Buser als Kampagneleiter der Initiativgegner 2010 gemacht hat: Eine kleine Kampagne basiere auf 100'000 Franken – «und viel mehr werden wir wohl nicht zur Verfügung haben», liess sich Buser am 6. Mai 2010 in der Basler Zeitung verlauten.
Doch damit nicht genug: Buser bzw. die Wirtschaftskammerfirma IWF habe z.B. Anlässe des Hauseigentümerverbands für seine Zwecke instrumentalisiert und die parlamentarische Debatte mit «vorformulierten Vorstössen (....) gesteuert, die von Landräten verschiedener Parteien eingereicht» worden seien. Ein besonderes Augenmerk habe der Medienarbeit gegolten: Bei TeleBasel sei sogar eine Publikumsumfrage manipuliert worden, so die «Schweiz am Sonntag» heute. Nicht nur das: Jascha Schneider hätte auf TeleBasel die Abstimmungs-Sendung Salon Bâle u.a. mit Christoph Buser als Gast moderieren sollen. Erst nachdem die Basellandschaftliche Zeitung am 28. Mai 2010 berichtete, dass der TeleBasel-Moderator Schneider auch als Anwalt Busers tätig ist, zog sich Schneider drei Tage vor der Sendung als Moderator zurück.
Während dieses Abstimmungskampfes kaufte zudem der Kanton Basel-Landschaft die Feldrebengrube in Muttenz. Der Kanton erwarb für rund 22 Millionen Franken somit die grösste Chemiemülldeponie in seinem Staatsgebiet. Dies, obwohl 2010 schon längst bekannt war, dass die Deponie gemäss Angaben der Industrie 13'500 bis 25'000 Tonnen hochgiftigen Chemiemüll enthält. Auch dieser Kauf scheint von langer Hand eingefädelt worden zu sein, wie aus einer industrieinternen Mail von Conrad Engler, einem Interessenvertreter der Chemie- und Pharmafirmen vom Dezember 2002 hervorgeht: «Wichtig ist [...] die Kantonsbeteiligung für die weiterführenden Abklärungen.» Dann überlege «sich der Kanton [...] wirklich auch zweimal, was er fordert im AUE BL, wenn es (aus der gleichen Direktion) auch mitfinanzieren muss». Je höher also die Kantonsbeteiligung an der Beseitigung des Firmenmülls, umso weniger würde Baselland in Muttenz einen umfassenden Aushub wie in Bonfol fordern. Den schlechten Deal des Kaufs der Deponie haben die Chemie- und Pharmakonzerne dem Kanton im Rahmen des Abstimmungskampfs mit einem Zückerchen von 40 Millionen Franken u.a. für den Trinkwasserschutz versüsst. Und tatsächlich: Basel-Land plant nur eine Billigsanierung. die das Problem Chemiemülldeponie Feldreben nicht lösen wird.
Mit dem Kauf der Chemiemülldeponie Feldreben und der Ablehnung der Totalsanierungsinitiative der Grünen 2010 sitzt der Kanton heute auf einem Risiko von mindestens 500 Millionen Franken. Gleichzeitig hat er sich die Verantwortung für die mögliche Trinkwasserverschmutzung eingehandelt. In dieser Politik liegt auch einer der Gründe, warum der Kanton Basel-Landschaft heute finanziell so schlecht dasteht. Wie von der Industrie erhofft ist nach dem Kauf der Deponie sein Interesse gering, überhaupt eine Sanierung durchzuführen, da sie nun den Kanton wohl viel Geld kosten würde. Also verschleppt er die Sache und lässt es sogar auf juristische Auseinandersetzungen ankommen. Während des Abstimmungskampfs 2010 aber versprach die Regierung noch vollmundig, die Sanierungsarbeiten würden 2012 beginnen, wie die Basellandschaftliche Zeitung am 22. April 2010 berichtete. Bis heute jedoch hat die Exekutive noch nicht mal eine Verfügung für die von ihr geplante Billigsanierung erlassen.
+++ 21. Oktober 2014 +++
Rund 230'000 Menschen aus der Stadt und Agglomeration Basel trinken täglich das Wasser der IWB/Hardwasser AG. Dieses Trinkwasser stammt teilweise aus der Muttenzer Hard, wo es in unmittelbarer Nachbarschaft der Muttenzer Chemiemülldeponien von Novartis, BASF und Syngenta gewonnen wird. In diesem Trinkwasser hat Greenpeace 2006 Schadstoffe wie das genotoxische Hexachlorbutadien nachgewiesen, die mit grosser Wahrscheinlichkeit aus der benachbarten Chemiemülldeponie Feldreben stammen.
Wie haben aber die IWB/Hardwasser AG auf diese Schadstoffe im Trinkwasser reagiert? Zu erwarten wäre, dass sie die Untersuchungen intensivieren. Die beiden staatlichen Trinkwasserversorger aber machten das Gegenteil: Haben IWB/Hardwasser AG 2005 noch Schadstoffe mit 1 ng/l im GC/MS-Screening ausgewiesen, so schneiden sie heute Substanzen mit Konzentrationen von kleiner 100 ng/l einfach weg. Mit anderen Worten: Die Schadstoffe mit einer Konzentration unter 100 ng/l Trinkwasser schauen die IWB/Hardwasser AG gar nicht mehr an. Sie haben somit bei dieser Analysemethode die Bestimmungsgrenze um einen Faktor 100 verschlechtert. Die IWB/Hardwasser AG haben also mit einem Trick die Trinkwasserverunreinigung verschwinden lassen. Dies haben die Kantonalen Laboratorien Baselland und Basel-Stadt als Trinkwasserbehörden offensichtlich gutgeheissen.
Mit dieser Praxisänderung kontrollieren die IWB/Hardwasser AG einen Grenzwert (Toleranzwert ) nicht, den das Bundesamt für Gesundheit (BAG) als Folge des Nachweises von Schadstoffen im Basler Trinkwasser 2009 erlassen hat. Danach darf im Trinkwasser die Konzentration einer Substanz, die das Potential hat, das Erbgut zu verändern und/oder Krebs auslösen (genotoxisches Potential), maximal 100 ng/l betragen. Zur Überwachung dieses Grenzwerts reicht es nicht aus, nur Substanzen mit grösser 100 ng/l im GC/MS auszuwerten: „Man muss bei dieser Analysemethode GC/MS-Screening deutlich unter 100 ng/l gehen, um den Grenzwert von 100 ng/l zu überwachen», sagt Pierre Studer vom Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) zum Vorgehen der IWB/Hardwasser AG. Und Professor Michael Oehme, einst an der Universität Basel und heute als weltweit anerkannter Analytikexperte tätig, betont: „Wenn man bei 100 ng/l abschneidet und die Substanzen darunter nicht auswertet, ignoriert man die Messunsicherheit der Screeningmethode, welche bei ±100% liegt. So lässt sich ein Grenzwert von 100 ng/l nicht kontrollieren. Das ist nicht Stand der Technik und nicht in Übereinstimmung mit internationalen Normen. Eine Auswertung bis auf 50 ng/l ist absolut notwendig und ja auch für Grundwasser bei Chemiemülldeponien üblich. Es macht wenig Sinn, Grundwasser bei Deponien besser zu untersuchen als Trinkwasser.»
„Diese ewige Trickserei mit dem Trinkwasser geht mir gegen den Strich“, nervt sich Hanspeter Meier, Co-Präsident der Allianz Deponien Muttenz (ADM). Und Mirjam Kopp Greenpeace Schweiz meint: „Das ist eine veritable Ohrfeige für die Trinkwasser-KonsumentInnen, dass die IWB/Hardwasser AG ihre Analysen unempfindlicher fahren, als vor unseren Schadstofffunden von 2006..“ Deshalb hat die ADM die IWB/Hardwasser AG in zwei Gesprächen mit ihren Erkenntnissen konfrontiert. Als Folge davon werden IWB/Hardwasser AG die Nachweisgrenze beim GC/MS-Screening auf 50 ng/l Liter absenken. Dazu brauche es aber gewisse Anpassungen, die ca. drei Monate beanspruchen würden. Diese späte Einsicht ist erfreulich, kann aber nur ein erster Schritt sein. Denn: Die Analytik die IWB/Hardwasser AG künftig anwenden wollen, ist immer noch rund 50 Mal unsensibler als jene, die sie 2005 durchgeführt haben.
«Wir wollen zeigen, dass wir bei der Chemiemülldeponie Feldreben in Muttenz eine Billigsanierung nicht zulassen», sagt Hanspeter Meier, Co-Präsident der ADM. Als Plattform für ihren Protest wählten Bürgerinnen und Bürger sowie ADM die öffentliche Veranstaltung der Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion Basel-Land (VGD) zum ungenügenden Teilsanierungsprojekt, heute Abend im Coop Bildungszentrum in Muttenz. Die rund 20 Personen aus Muttenz und der Region Basel haben zusammen mit der ADM mit Transparenten und Flugblättern gegen die geplante Billigsanierung von BASF, Novartis, Syngenta und der VGD protestiert. (Flugblatt und im Anhang).
Die Protestierenden taten ihre Betroffenheit mittels Flugblättern und Transparenten kund, weil das vorgelegte Sanierungsprojekt die Probleme nicht löst: Die Konzerne BASF, Novartis und Syngenta sind nicht bereit sauber und vollständig aufzuräumen, sondern wollen sich mit einer Billigsanierung freikaufen und so davon schleichen. So soll nur ein geringer Teil des Chemiemülls ausgegraben werden. 80 Prozent des Deponieinhalts würden weiter im Boden verbleiben. Damit würde ein teures Flickwerk einstehen. Muss später trotzdem noch richtig aufgeräumt werden, bleiben bis zu 500 Millionen Franken am Kanton und seinen SteuerzahlerInnen hängen. Denn: Die Kosten für ein zukünftiges Aufräumen werden auf die BesitzerInnen der Parzellen überwälzt. Das ist in erster Linie der Kanton-Basellandschaft. Die Gefahr dafür ist real: Nicht nur, wenn auf dem Gelände gebaut wird, sondern auch wegen der Verschmutzung des Trinkwassers. Behörden und Industrie blenden sie schlicht aus. Mit bloss einer Teilsanierung, wie bisher geplant, besteht weiterhin die Gefahr einer Verschmutzung des Trinkwassers aus der Muttenzer Hard für über 230'000 TrinkwasserkonsumentInnen in Agglomeration und Stadt Basel.
Darum: «Sauberes Trinkwasser statt Billigsanierung» und «Alles Gift muss raus jetzt»:
Anders als z.B. Roche in Grenzach bei der Kesslergrube, will Novartis zusammen mit BASF, Syngenta und der VGD in Muttenz nur eine Teilsanierung durchführen. Anstatt den gefährlichen Chemiemüll vollständig auszugraben, soll bei der Feldreben-Deponie während den nächsten fünf Jahren nur das Grundwasser gereinigt werden. Das macht wenig Sinn, weil die Giftquelle bestehen bleiben würde.
Erst im Rahmen von Bauvorhaben auf der Deponie soll nach fünf Jahren ein kleiner Teil des Chemiemülls nach und nach ausgehoben werden. Dabei orientieren sich Industrie und VGD nach eigenen Angaben nur auf sogenannte chlorierte Kohlenwasserstoffe (CKW). Allerdings: Sie machen keine drei Prozent des Deponieinhalts aus, wie die Verantwortlichen in der Detailuntersuchung selber festhalten. Das zeigt deutlich: Bei der geplanten Teilsanierung handelt es sich um eine Billigsanierung und ein Alibiprojekt.
80 Prozent des Deponieinhalts sollen liegen bleiben. Ein solches Flickwerk wird gemäss Projekt zwar den Kanton und den Bund rund 100 Millionen Franken kosten, das Problem Feldrebengrube aber nicht lösen. Im Gegenteil: Der Kanton bzw. die Baselbieter SteuerzahlerInnen übernehmen ein Risiko von bis zu 500 Millionen Franken, wenn später doch noch richtig aufgeräumt werden muss. Das ganze Deponieareal bleibt und muss im Altlastenkataster verbleiben. Die Kosten werden damit auf spätere Bauvorhaben vor allem des Kantons übertragen.
Denn: Mit ihrer Alibisanierung nehmen Novartis & Co. weiterhin eine Verschmutzung des Trinkwassers von 230'000 Menschen in der Stadt und Agglomeration Basel in Kauf, wie ADM-Experte Prof. Walter Wildi an der Medienkonferenz der ADM vom 29. April 2013 aufzeigte. Novartis & Co. spielen ein gefährliches Spiel: 75% der im Trinkwasser nachgewiesenen Schadstoffe kommen auch in der Feldrebengrube vor. In solchen Fällen verlangt die Eidgenössische Altlastenverordnung die Beseitigung der Gefahrenquelle. Aus diesem Grund verpflichteten die Kantone Wallis (Monthey), Aargau (Kölliken) und Jura (Bonfol) Novartis & Co, ihre dortigen Chemiemülldeponien auszugraben. Im Baselbiet aber riskieren die Verantwortlichen scheinbar lieber die Verschmutzung des Trinkwassers anstatt die Altlastenverordnung durchzusetzen.
+++ 29. April 2013 +++
22.01.2013 - Sanierungsgremien Chemiemülldeponie Feldreben Muttenz: Dreistes Doppelspiel
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12.11.2010 - Von den Chemiemülldeponien in das Trinkwasser von 200'000 Menschen